SPÖ Interview"Grundbedingung: Vollständige Gleichstellung von Schwulen."
Von Michael Ziesmann, 26.08.2006
Die SPÖ ist in der repräsentativen Umfrage von GAYNET die zweitstärkste Kraft. Wir wollten wissen warum. Was will die SPÖ für Schwule tun? Sind ihre Versprechen glaubwürdig oder nur Wahlzuckerl. Im Namen von Dr. Alfred Gusenbauer - den wir gefragt haben - erläutert Günther Tolar (Vorsitzender der SOHO) die Standpunkte der SPÖ. GAYNET: Sie werben in schwulen Zeitschriften oder bei der Regenbogenparade massiv mit vielen Programmpunkten für Schwule und Lesben wie Gleichstellung und Anti-Diskriminierung. Warum bekommt die SPÖ dennoch weniger Zustimmung bei Schwulen als in der Gesamtbevölkerung? Tolar: Die Zustimmung von 26,8 % in der schwulen Bevölkerung ist gar nicht schlecht. Das Homosexuellen- und TransGender- Problembewusstsein in der SPÖ hat erst seit dem Jahr 2000 eine neue Dynamik entwickelt, weil wir seit damals frei von den Koalitionszwängen mit der ÖVP waren und uns verstärkt den Themen zuwenden konnten, die die ÖVP in der Koalition blockiert hat. GAYNET: Was genau möchten Sie für Minderheiten umsetzen wenn Sie Teil einer Regierung sind? Tolar: Fairness für Lesben, Schwule und TransGender-Personen: 1. Vollständige Gleichstellung gleich- und verschiedengeschlechtlicher PartnerInnenschaften.
2. Rasche Verwirklichung der Eingetragenen PartnerInnenschaft, sowie generelle Öffnung der Ehe für Lesben und Schwule.
3. Schaffung eines wirksamen Anti-Diskriminierungsgesetzes.
4. Rechtliche Verbesserungen für TransGender-Personen.
GAYNET: Die SPÖ wirft der Regierung vor, sechs Jahre untätig gewesen zu sein, und ein veraltetes Bild von Familie und Lebenspartnerschaften zu propagieren. Die SPÖ war jedoch von 1970 bis 2000 dreißig Jahre in der Regierungsverantwortung - 13 Jahre davon alleinregierend. Schwule waren damals noch schlechter gestellt, obwohl ihre Klientel dem Thema offener gegenüber stehen würde. Sind Ihre Wahlversprechen für Minderheiten glaubwürdig? Tolar: Man darf nicht vergessen, dass die SPÖ seit 1983 durchgehend in Koalition mit der ÖVP war, die damals wie heute alle von der SPÖ immer wieder vorgeschlagenen Lösungen blockiert hat. Wie glaubwürdig die Versprechen der SPÖ in Sachen Homosexuelle sind, kann man unter anderem an einem historischen Beispiel besonders gut sehen: Schon Anfangs der 1960er-Jahre hat die SPÖ immer wieder Anträge auf Aufhebung der Strafbarkeit der Homosexualität im Parlament eingebracht. Die ÖVP hat das jahrelang blockiert. Als 1970/71 die SPÖ zuerst eine sozialdemokratische Minderheitsregierung und dann die Alleinregierung unter Bundeskanzler Kreisky stellte, war eine der ersten Taten die ersatzlose Streichung dieses Paragraphen. Versprochen gehalten. Genau so werden wir es auch diesmal halten. | ![]() Parteichef Alfred Gusenbauer beim Wahlkampfauftakt in Wien am 25.8.2006 © SPÖ ![]() Antwortet für die SPÖ: Günther Tolar © Wikipedia Grundbedingung für Regierungsteilnahme: Vollständige Gleichstellung von SchwulenGAYNET: Wie wollen Sie Ihre Programmpunkte für Minderheiten umsetzen?
Tolar: Das angeführte 4-Punkte-Programm wird eine Grundbedingung bei künftigen Koalitionsverhandlungen sein. Mit wem auch immer wir diese Verhandlungen führen werden. GAYNET: 23% der schwulen Wähler sind unentschlossen. Was sagen Sie diesen damit auch diese Ihnen ihre Stimme geben? Tolar: Es gibt nur eine mehrheitsfähige Partei in Österreich, die garantiert, dass das von mir beschriebene umfassende Homosexuellen- und TransGender-Programm endlich umgesetzt wird. Und das ist nun einmal die SPÖ. GAYNET: Herr Tolar, wir bedanken uns für das Interview. Das Interview führte Michael Ziesmann, freier Journalist in Wien
In der kommenden Woche stellt sich die ÖVP als drittstärkste Partei bei schwulen Wählern den Fragen von GAYNET. Link: Was Schwule wählen |