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Arnold Stadler

Männerwelten
von Peter Jobst.27.06.2012.

Der Kindheit, fern von "Himmelreich", folgt ein Seiltanz zwischen Welten (Meßkirch, Freiburg, Feuerland, USA, Rom, Capri, Cuba, Miami): Eine falsche Diagnose (Ohnmacht als Epilepsie gedeutet) zerstört die Karriere als Theologe.

Als Autor bewegt er sich zwischen Kinos, Stränden, Bädern, Hotels, Kirchen, Clubs: Filme werden gesehen, Psalmen übersetzt, Schlager zitiert, dazwischen wird gewichst, kopuliert, getrunken.

Virtuose Texte über Unausgesprochenes im Leben von Männern: Der von der Kritik gefeierte lakonisch-komische Stadler-Sound kennt weder Berührungsängste noch Furcht vor Pathos.

In Salvatore besucht der Erzähler nach einem Konkurs, angewidert vom ganz normalen Männer-Wahnsinn (Vatertag, Bierkästen) einen Gottesdienst und landet in Pasolinis Vangelo secondo Matteo: Wendepunkt + Erleuchtung garantiert!

Der folgende Essay über Filme, Leben, Sterben, Liebe(n) von Pier Paolo Pasolini mündet in eine Meditation über das Zöllner-Bild von Caravaggio: Der Gerufene ist (Matthäus) der schöne Jüngling am Ende des Tisches.

(Nur?) Latente Homosexualität ist allgegenwärtig: Das Wort selbst vermeidet er lange: Feigheit, Flucht vor Bekenntnis-Zwängen. Er hebt sich bewusst von Zeitgenossen ab. Kontrollierter Tabu-Bruch ohne Selbst-Schutz. Der Kritik ausgeliefert?

Arnold Stadler ist weder Schnellschreiber noch Autor von Büchern für Schnell-Leser. Rhythmische Prosa  in Zeitlupe verlangt einen langen Atem.

In Rom erlebt der (fiktive?) Seminarist klerikale Schildbürger, deren Drang zu Höherem von niederen Trieben übermannt wird. Als Schelm überlebt er die jähe Entlassung aus dem Priesterleben ebenso wie andere Abstürze.

Religion und Sexualität sind Motor des Schreibens, trotz literarischer Ausdrucksnot zu Fragen von Geschlechtlichkeit und Verlangen, die auch Anzüglichkeiten und Anspielungen nicht überbrücken.

Stadler pendelt pointen- und erfolgreich durch philosophische wie banale Welten. Er kümmert sich nicht um Geschmack, Codes, Formalismen. Das braucht er auch nicht.

Denn sprachlich wie literarisch kann ihm kaum ein Zeitgenosse das Wasser reichen. Das demonstrierte er auch bei seinem Auftritt beim Literaturfest in Salzburg 2012. Die sarkastisch ironischen Klagen des Grabredners (Klagemannes?) unterhalten leise: Schmunzeln garantiert
.


Caravaggios "Zöllner"-Bild: Komm, folge mir!
Arnold Stadler im Literaturhaus München.

Facts

Arnold Stadler (* 9. April 1954 in Meßkirch) ist ein deutscher Schriftsteller, Essayist, Übersetzer, ehemaliger Seminarist im Päpstlichen Collegiums De Sacra Propaganda Fide.

Werke (Auswahl)
"Ich war einmal" (1989),
"Feuerland" (1992),
"Mein Hund, meine Sau, mein Leben" (1994).
Überarbeitete Autobiografie:
Einmal auf der Welt. Und dann so. S. Fischer Frankfurt
Eines Tages, vielleicht auch nachts, Jung und Jung, Salzburg 2003.
Mein Stifter. Porträt eines Selbstmörders in spe, DuMont, Köln 2005
Komm, gehen wir. Roman, S. Fischer, Frankfurt a. M. 2007
Ein hinreissender Schrotthändler, Roman, Goldmann, München 2001
Salvatore, S. Fischer, Frankfurt a. M. 2008.
New York machen wir das nächste Mal. Geschichten aus dem Zweistromland, S. Fischer, Frankfurt 2011.

www.literaturfest-salzburg.at



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