Am Scheideweg:
von Peter Jobst.27.05.2012.
Wie schwer sich die katholische (Amts)Kirche mit Homosexualität tut, zeigt sich wieder einmal auf dem Katholiken-Tag in Mannheim. Peinliche Fragen an den hohen Klerus drängen sich auf:
Konservativer Rück- und Ausfälle, (Wieder)Aufnahme der Pius-Brüder, Opus Dei, Missbrauch, Vertuschungen, Zölibat, schwule Priester: Zollitsch & Co (Dt. Bischofskonferenz) lavieren überfordert zwischen den Fronten.
Ihre Zeit scheint abgelaufen, denn deren Mitte verschwindet immer mehr. Da hilft auch kein Grußwort von Papst Benedikt alias Kardinal Ratzinger, der den wahren Aufbruch im neuen Gehorsam (gegenüber wem?) sieht.
Die Veranstaltung verzeichnet mit 80 000 Besuchern einen großen Erfolg: Überfüllte Hallen, vor allem bei prominenten Kirchenmännern und Politikern. Ihre Aussagen bringen wenig Neues. Die tiefe Krise, in die sich Kirche wie Politik befinden, ist offensichlich.
Klarer und deutlicher sind schon die Worte am Rande des offiziellen Kirchentags: Etwa bei der von Publik Forum organisierten Alternative: Hier kommen die kritischen Stimmen zu Wort:
David Berger kritisiert den Kompensations-Katholizismus, den schwule Kirchenmänner praktizieren. Autor Peter Probst liest aus seine Roman "Am Kreuzweg". Im Zentrum des Interesses stehen Helmut Schüller und dessen Aufruf zum Ungehorsam: Aufbruch zu neuen Ufern?
Helmut Schüller fordert auch eine neue Sicht von Homosexualität. Ein Schrecken für kreuzbrave Bischöfe. Die Huk (Homosexuelle und Kirche) ist zwar nicht im offiziellen Programm, sorgt aber für ein Highlight.
Das Triptychon des Meisters sakraler Kunst, Ernst Alt, ist ein erschütterndes wie radikales Zeugnis des Konfliktes zwischen (Homo)Sexualität und Glauben: Allein dafür lohnt sich die Reise nach Mannheim.
In Mitte hängen 2 nackte Männer-Körper am Kreuz, flankiert von einem KZ-Häftling mit Rosa Winkel und einem AIDS-Opfer. Das Werk gedenkt zweier Mönche, die als schwules Paar in den Tod getrieben wurden. Abt hat diese Tragödie als Zögling in Benediktbeuern (mit)erlebt.
Der Schlachter-Tango erinnert an den schwulen jüdischen KZ-Überlebenden Ludwig Meyer, der nach dem Krieg um die Anerkennung seiner Verfolgung als Jude kämpfte. Berührende Hommage an den Kampf um Identität und Menschenwürde.
Höhepunkt ist Bernd Alois Zimmermanns letztes Werk im Nationaltheater, das kurz vor dem Selbstmord des (ver)zweifelnden Katholiken entsteht. Auch das ist an einem katholischen Kirchentag möglich. Und das gibt Hoffnung!