Köln oder Montenegro?
von Peter Jobst. 04.05.2011

Eine Familie aus Montenegro in Köln: Papa Vlado, einst Basketballspieler, betreibt eine Kiezkneipe, Mutter Stanka projiziert ihre Wünsche in ihre Söhne. Das Leben ist nicht einfach für den 19-jährigen Sascha.



Mutter hofft auf sein Talent als Pianist, Vater plant heimlich die Rückkehr nach Montenegro. Sascha selbst ist unsterblich in seinen Klavierlehrer verliebt. Dieser verfolgt andere Pläne: Er will in Wien den großen Durchbruch zu schaffen.

Die Familie hofft auf Freundin Jiao, die heimlich in den schwulen Jungen verliebt ist. Ein blaues Auge gibt ihnen Hoffnung. Sascha ist doch ein richtiger Mann!

Sascha liebt den Klavierlehrer mehr als die Musik. Das erkennt auch die Jury eines Wettbewerbs, den Sascha gewinnen soll. Nach einem Treffen im Schwimmbad, verbringt er die Nacht mit seinem Lehrer, für den er nur ein nettes Intermezzo ist.

Jetzt überschlagen sich die Ereignisse: Absolute Verwirrung der Gefühle. In Montenegro und Saschas Familie ist Homosexualität Schande und absolutes Tabu. Sascha muss die Entscheidung allein treffen: Er weiß, was er will, und kommt mit seinem Schwul-Sein klar .

Regisseur Todorovic ist mit dem Migranten- und Schwulenmilieu bestens vertraut und überzeugt auf allen Ebenen: Seine widersprüchlich vielschichtigen Charaktere entwickeln entwaffnenden Charme voll subtiler Komik:

Spannendes Coming-of-age + Coming-out: Unordnung und frühes Leid pur. Ein buntes Gemisch von Sprachen und Musikstilen verdeutlicht den Zusammenprall von Kulturen. Trotz konfliktreicher Tragik klingen Ironie, Würde, Härte durch.

Situationskomik, Leichtigkeit, schöne Bilder, elegante Kamerafahrten. Ein fröhlich frischer bunter Reigen. Hauptdarsteller Tim Bergmann und Saša Kekez zaubern dieses Spiel mit Stereotypen locker auf die Leinwand.