Neue Männer in der Kunst
von Peter Jobst, 23.08.2011.
Die Festspiele 2011 wollten das Ohr aufwecken, die Augen, das menschliche Denken (Zitat: Luigi Nono). Intensiver als bei umjubelten Events geschieht das im Museum der Moderne am Mönchsberg.
Die Schau Rollenspiele Rollenbilder appelliert an die Sinne. Dass die Gesellschaft früher unangepasste Spielverderber ein- oder ausgrenzte, hinderte diese Außenseiter nie, in der Kunst ihre Stimme zu erheben.
Fotos, Grafiken, Videoarbeiten in der Ausstellung verführen zu einem Blick hinter den Masken: So werden Konflikte und Reibungsflächen offen gelegt.
Heute gehören nachgestellte lebende Bilder, virtuelle Identitäten, schräge Kostümierungen, Rollenwechsel zum ganz normal alltäglichen Wahnsinn. Macht das die Kunst überflüssig?
Die Ausstellungen zeigt das Gegenteil. Die 68er fordern spontane Authentizität. Ein unmöglicher Traum? Rollen-Verhalten ist von fertigen Skripten und deren Orte abhängig.
David LaChapelle setzt religiöse Bilder (Passion, Ultima Cena) in die Slums amerikanischer Vorstädte: Jesus Is My Homeboy. Grell, bunt, bei allem Elend von ungebrochener Vitalität.
Der Israeli Adi Nes versammelt 13 (!) Soldaten als Aposteln um einen Tisch, seine Version des letzten Abendmahls. Moment-Aufnahmen einer Welt voller Widersprüche.
David Wojnarowicz greift wie Jack Pierson Rimbauds radikales Credo Ich ist ein Anderer auf: Arthur Rimbaud in New York. Ming Wong setzt sich in Fragmenten aus Viscontis Tod in Venedig als Tadzio und Aschenbach auf 2 Bildschirmen in Szene.
Diese offen schwule Künstler stellen Mythen, in ihren Ländern heilige Kühe einer Leitkultur, in Frage: Schwulsein konfrontiert als Helden verklärte (verkleidete?) Machos mit Bildern neuer Männlichkeit(en): Ein direkter, entschlossener Blick aus anderer Perspektive durch inszenierte Fotografie.
Wenn nun Eva und Adele glatzköpfig und ganz in Rosa, in High Heels durch die Ausstellung trippeln, genießen die ganze Aufmerksamkeit lokaler Medien: Das Video ihres Spaziergangs durch die Stadt ersetzt später ihre Präsenz:
Der schwule Hintergrund vieler Objekte der Ausstellung geht bei der Rezeption unter. Die Künstler sind inzwischen mutiger und bewusster. Das allein lohnt den Gang auf den Mönchsberg.