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Jahrhundertfilm

Ludwig - Visconti - Berger
von Peter Jobst,05.08.2011.

Ironische Distanz und scharfe Augen für historische Realitäten prädestinieren den schwulen Aristokraten Luchino Visconti - Ästhet, Kommunist, Kenner der Deutschen Kultur - für den Film über Ludwig II:

Die Dreharbeiten mit Helmut Berger und Romy Schneider sind ein explosives, erotisch kreatives Minenfeld. Recherchen über verdrängte Fakten aus Ludwigs Leben schrauben die Erwartungen bei Cineasten und im Boulevard hoch.

Das Ergebnis ist ein inhaltlich wie formal sensationelles Kunstwerk, das einen neuen Blick auf Ludwigs Charakter wirft. Der Film allerdings nur einmal in voller Länge gezeigt.

Konservative Gruppen (Kirchenmänner, Politiker wie Franz-Josef Strauß, Vereine) erzwingen vor Wut und Empörung über explizit schwule Liebeszenen (zwischen Ludwig und seinem Diener Richard Hornig = Marc Porel) oder ländlicher Orgien mit nackten Jungs radikale Schnitte.

Trotz des opulenten Bilder-Rausches ist der Film ein Kammerspiel: Auf- und Abgänge, Vorbereitungen zu Zeremonien als Spiegel eines ruhelos rastlosen Lebens. Flash-Forwards mit (gefälschten) Aussagen unterbrechen die Chronologie:

Visconti entlarvt das Absetzungsverfahren als Heuchelei. Verschwendung und Protektion für Wagner, einst polizeilich gesuchter Anarchist, sind nur Vorwand: Es geht ausschließlich um Ludwigs Homosexualität und seine Sympathie für Juden.

Überragend ist Helmut Berger als charismatischer Beau, der Männer wie Frauen verzaubert. Erschütternd der Seiltanz zwischen Gottesgnadentum, Fortschritts-Glaube, zunehmende Isolation und wirr furiose Raserei am Ende:

Visconti zaubert Körperlichkeit, Exzentrik, Eleganz, Selbstverliebtheit auf die Leinwand. Das Desaster um den Film leitet ein Karriere-Ende ein. Visconti erkrankt und kann kaum mehr Filme finanzieren. Tragik der Filmgeschichte.

Im Windschatten des Presserummels entstehen 2 Filme von Hansjürgen Syberberg: Ludwig, Requiem für einen jungfräulichen König (mit Harry Baer) und Theodor Hierneis (mit Walter Sedlmayr), über Ludwigs Hofkoch.


Später dreht Helmut Berger Ludwig 1881 (Regie: Donatello Dubini, Fosco Dubini, 1993) über die Reise mit Josef Kainz auf den Spuren von Wilhelm Tell.

1980 restaurieren Ruggero Mastroianni (Schnitt) und Suso Cecchi D’Amico eine lang erwartete integrale Fassung im Sinne von Visconti, die auf DVD erscheint. Späte Wiedergutmachung im Ludwig-Jahr 2011?


Am Höhepunkt: Helmut Berger + Romy Schneider
Der Meister und sein Star: Visconti - Berger

Facts

Luchino Visconti: Ludwig II
Italien/Deutschland 1972
mit Helmut Berger, Trevor Howard, Silvana Mangano, Gert Fröbe , Helmut Griem , Umberto Orsini, John Moulder-Brown, Sonia Petrovna, Adriana Asti, Marc Porel, Nora Ricci, Mark Burns und Romy Schneider.



DVD: Dokumentationen »Luchino Visconti« (ca. 60 Min.) und »Helmut Berger – Mein Leben« (ca. 41 Min.); Starinfos Helmut Berger und Romy Schneider, Biografie Luchino Visconti; Biografische Notizen über Ludwig II.; Booklet; Trailer.
erschienen auf Arthaus Premium Edition

Photographien: Courtesy Schirmer/Mosel Verlag, München
www.arthaus.de, www.kinowelt.de        

 

 

 

 

 




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