Erfreulicher Aufbruch
von Peter Jobst.31.01.2011.

Eine fundamentalistische Auslegung von Religion scheint für schwule Männer attraktiv zu sein, um scheinbare eigene Defizite zu kompensieren. Konflikte mit Homosexualität prägen den Alltag von Muslimen, Juden wie Christen.

In Burhan Qurbanis Debütfilm Shahada erleben drei Berliner Muslime eine Krise, die ihr bisheriges Leben in Frage stellt. Heile Welten geraten aus den Fugen.

Kreuzungspunkt der Geschichten ist die Moschee des aufgeklärten Berliner Imams Vedat, der Muslimen hilft, ihren Glauben mit modernem Leben in Einklang zu bringen.

Vedats lebenslustige Tochter Maryam wird nach ungewollter Schwangerschaft und Abtreibung zum Entsetzen ihres Vaters zur fanatischen Gotteskriegerin.

Daniel besucht mit dem Nigerianer Samir, den er liebt, den Koranunterricht. Als sich beide näher kommen, steht für den streng gläubigen Jungen viel auf dem Spiel.

Qurbanis Film "Shahada" ist erfrischendes, leidenschaftliches und mitreißendes Kino. Der junge muslimische Regisseur aus Deutschland (Qurbanis Eltern sind 1979 aus Afghanistan geflohen) nimmt zu Integration und Immigration Stellung.

Wie vereinbaren junge Muslime in Deutschland Glauben mit Alltag? Genauer gesagt: Wie lebt ein junger Schwuler Muslim seine Sexualität.
 
Samirs Konflikt, seine Verzweiflung, der selbst zerstörerische Streit mit der Mutter, die der Realität nicht ins Auge sehen will, liefern starke filmische Momente.

Als Daniel vor Samirs Augen von seinem Kumpel zusammen geschlagen wird, sieht er hilflos zu. Es weiß aber, dass es Zeit für ihn ist, Farbe zu bekennen, wie es der Regisseur mit seinem Film überzeugend tut.

Wieder ist es Vedat, der Samir den Weg auszeigt, mit seiner Homosexualität menschlich umzugehen und als Geschenk Allahs anzunehmen.