Freakshow im Advent.
von Peter Jobst.29.11.2010.

Höhepunkt beim Winterfest 2010 ist die wunderbar bunte Freakshow mit den Tiger Lillies im »Theaterzelt«: Society-Event und Volksfest zugleich.



Sebastiano Toma inszeniert in einer (Zirkus)Wagenstadt Träume, alte Zeiten, subtile Gesellschaftskritik:

Zirkus als Zeitmaschine: Liliputaner, Schlangenfrauen und andere Freaks suggerieren eine Reise in eine schaurig schöne Schattenwelt: akrobatische Beschwörung von Musik- + Tanzshows und großem Kino vergangener Zeiten.

Punk-Clown Martyn Jacques (Text, Musik, Bandleader) ist ein großartiger Stimmakrobat. Counter-Tenor, Falsett, Bariton. Der Mann beherrscht alle Register perfekt. Bizarr geschminkt, beschwört er ungeschminkt Menschen außerhalb der Norm, für die Normalbürger, oder diejenige, die sich dafür halten,  »misfits«.

Und das tut er be- und verstörend mit verführerisch, schöner Stimme. Dunkle körperliche und seelische Seiten und Urängste klingen durch.

Zirkus-Freaks verführen mit großzügiger Anmut. Trapezkünstlerinnen werden als siamesische Zwillinge vorgestellt: Am Kleid miteinander verwachsen, werden sie auf der (Bühnen)Manege getrennt.

Ihr Kampf zwischen der Sehnsucht nach Nähe und dem Verlangen nach Distanz mündet in eine grandiose Trapeznummer, die dem Publikum atemloses Staunen abringt. Eine Bilderflut voll Artistik, Zärtlichkeit und Vertrauen.



Groteske Extravaganz, bizarre Sinnlichkeit, überschäumende Lebenslust, Melancholie: In den Grimassen von Martyn und seinen Spießgesellen klingen Wehmut und bissig schwarzer Humor durch.