Der Fall David Berger
von Peter Jobst.22.08.2010.
David Bergers Outing in der Frankfurter Rundschau ist ein Paukenschlag: Der Herausgeber der Monatsschrift Theologisches galt lange als Musterknabe und Hoffnungsträger in konservativen Kreisen.
Er verkörpert eine neue Generation von Theologen: Gut aussehend, ehrgeizig und – schwul. Er beruft sich in seinem Glauben an Vernunft, Wissenschaft und vernünftige Sicht von Homosexualität auf Thomas von Aquin.
Das geht auch lange gut. Er wird als Redner und Dozent an Hochschulen und Priesterseminaren hofiert. Herr Berger macht dieses Spiel (zu?) lange mit.
Die Konflikte eskalieren, als Berger die Pius-Bruderschaft und die Vulgär- und Stammtischtheologie diverser konservativer Internet-Portale (www.kreuz.net) offen kritisiert: Papst Benedikt demonstriert viel Verständnis und Milde für diese Initiativen:
Homophobe Ausfälle des Essener Bischofs Overbeck und die Behauptung von Kardinalstaatssekretär Bertone, dass die Homosexualität die wahre Ursache von Missbrauch innerhalb der Kirche sei, bringen das Fass zum Überlaufen.
Berger lässt sich nicht länger in Schach halten. Diese (Amts)Kirche wird auch für ihn zur tickenden Zeitbombe. »Ich darf nicht länger schweigen«, so sein Artikel in Frankfurter Rundschau.
Er tritt als Herausgeber zurück und analysiert Unterdrückungsmechanismen der Amtskirche. So wird er mit Hinweisen auf seine Homosexualität von der Amtskirche jahrelang zu Gehorsam gezwungen.
Was macht konservative Ausrichtungen dennoch so attraktiv für junge schwule Männer? Der Anteil schwuler Geistlicher ist hoch: Feste Regeln, eine scheinbar intakten Männerwelt, Aufstiegschancen? Dazu David Berger:
Die Liebe zur alten Liturgie sei in seinem Fall sublimierte Homosexualität gewesen, eine Faszination für prachtvolle Barockgewänder und edle Brüsseler Spitze, klassische Kirchenmusik, Weihrauchschwaden, eine großartige Inszenierung, vor der jeder Opernregisseur neidvoll erblassen muss, und das alles fest in männlicher Hand.
Das (päpstliche) Imperium schlägt zurück: Bergers Facebook-Profil wird auf konservativen Websites wegen schwuler Links attackiert. Er wird im Juli 2010 von der Päpstlichen Akademie des heiligen Thomas von Aquin offiziell entlassen.