gaynet.at
 
community
usergalerien
news
reisen
eventpics
kultur
Bücher
Bühne
Film
Musik
Sonstiges
body
goodies
links
LOGIN
Username

Passwort

  (Merken) Registrieren

L'Enfer

Der wiedergefundene Film.
von Peter Jobst, 22.06.2010.

Ein Dokumentarfilm berichtet über ein gescheitertes Film-Abenteuer. Mit "L'enfer" wollte Henri-Georges Clouzot das Kino neu erfinden. Material von 15 Stunden bleibt lange unter Verschluss: Bis Serge Bromberg die Witwe des Regisseurs trifft.

Eine einfache Geschichte wird zum Mythos: Ein Mann verdächtigt seine Frau der Untreue. Hat sie eine Affäre mit dem virilen Garagenbesitzer oder liebt sie ihre Freundin? Die Namen der Hauptfiguren spielen auf Marcel Proust an: Odette und Marcel.

Was Proust in seiner genialen Suche nach der verlorenen Zeit literarisch umsetzt, versucht Clouzot mit Mitteln des Films. Er verbindet Erzählkino, filmische Experimente und die Musik von Karlheinz Stockhausen.

Licht- und Farbeffekten, Verzerrungen und Brechungen verwandeln quälende Eifersucht und Besessenheit in einen gefilmten Alptraum. Romy Schneider erscheint in umwerfend schönen Bildern von anzüglich verruchter Sinnlichkeit:

Elegantes Schwarz-Weiß mündet in einen Farbenrausch. Öl und Staub auf der Haut, Zunge, Mund, und Zigarettenrauch in Großaufnahmen. Romy mit blauen Lippen im Boot oder nackt auf Schienen gefesselt.

Ob kindlich unschuldig, Femme Fatale oder Vamp, sie evoziert zeitlose Schönheit. Für Schwule Männer, die getarnt im Dunkeln leben, ist sie eine Projektionsfigur: sie lebt auf der Leinwand die ganze Bandbreite der ihnen verwehrten Gefühle aus.

Romy ist prädestiniert für die Rolle der Odette: Feminin, selbstbewusst, ausgelassen. Vor dieser von schwulen Regisseuren wie Visconti kreierten und imaginierten Weiblichkeit kapituliert die überwiegend heterosexuelle Film-Crew.

Die Dreharbeiten stehen unter keinem guten Stern: Der Hauptdarsteller verlässt das Set. Der erschöpfte Clouzot erleidet einen Herzinfarkt. Der Film wird abgebrochen.

Clouzot hat nicht Viscontis liebevolle Distanz und Gelassenheit. Zudem wird 1964 alles, was die ehemalige Film-Sissy tut, von Presse und Kritik vernichtend kommentiert: Ihre Filme aus jener Zeit, heute Klassiker, werden verrissen.

Dieser Film hätte wohl auch damals ihrer Karriere keine entscheidende Wende gegeben: Das deuten auch Statements von am Dreh beteiligten Personen in dem wunderbaren Bildband an. Sie war aber nie besser als in den verbliebenen Szenen.


Ein besessener des Kinos: Serge Bromberg
In den Augen des Mannes: Gattin + Liebhaber

Facts:

L’Enfer. Dokumentar-Film. Frankreich 2009.
Regie: Serge Bromberg, Ruxandra Medrea. mit Bérénice Bejo, Jacques Gamblin (Odette und Marcel in nachgespielten Szene), Jean-Claude Bercq, Maurice Garrel, Barbara Sommers, Romy Schneider, Serge Reggiani, Dany Carrel, Mario David, Catherine Allégret. 
César 2009 als bester Dokumentarfilm
Verleih: www.stadtkinowien.at
DVD in der Edition Arthaus bei Kinowelt

Romy.
Die unveröffentlichten Bilder aus Inferno/L’Enfer von Henri-George Clouzot. Schirmer-Mosel Verlag, München 2010.
www.schirmer-mosel.de
Fotos: www.allocine.com
© Lobster Films 2008 / courtesy Schirmer/Mosel



Zur Erinnerung:
Giancarlo Botti: Romy - C'est la vie.
Schirmer/Mosel. München 2008
VISCONTI. Schriften ...
Verlag Schirmer/Mosel, München 2008


mailen      print drucken
USER-KOMMENTAREBeitrag posten
 
Derzeit kein Beitrag vorhanden.