Mine vaganti
von Peter Jobst,13.06.2010.
Ein konservativer Patriarch, von enttäuschten Frauen umgeben, betrügt seine naive Frau mit leicht ordinärer Geliebten: Ein typisch italienischer Familienfilm? Nicht ganz! 2 schwule Söhne passen nicht in dieses Muster.
Tommaso studiert in Rom Literatur und lebt offen schwul mit David. Für die Familie ist er hetero und studiert Wirtschaft. Er hat keinen Bock, mit seinem Bruder den Familiebetrieb zu übernehmen.
Bei der offiziellen Hof-Übergabe im Familienkreis will Tommaso die Bombe hochgehen lassen. Doch sein Bruder Antonio kommt ihm zuvor und outet sich als schwul.
Dieser wird er vom Vater verstoßen. Tommaso ist nun Papas Hoffnung. Die Stunde der Wahrheit löst einen für alle schmerzhaften Prozess aus. Denn Tradition und Regeln stehen nicht nur dem Glück schwuler Männern im Weg.
Die Großmutter trauert ihrer großen Liebe nach: Um dem geliebten Mann, der Männer vorzieht, nahe zu sein, hat sie dessen Bruder geheiratet. Als Alba sich in Tommaso verliebt, entschließt sie sich zu einem folgenreichen Schritt.
Die jungen Leute sollen einen anderen Weg gehen! Tommaso pendelt (zu?) lange zwischen Erwartungen der Eltern und eigenen Bedürfnissen.
Ozpetek erzählt diese Geschichte auf unterschiedlichen Zeitebenen: Überall liegen Minen (Mine vaganti!) verstreut, die bei unbedachten Betreten hochgehen.
Der Wahlrömer inszeniert eine wunderbar schräge Sittenkomödie mit witzigen Pointen und skurrilen Versteck-Spielen: Wenn die Freunde aus Rom ihren Ragazzo aus dem "Frauenknast" befreien wollen, ist Komödie vom Feinsten angesagt.
Im sanften Licht Apuliens werden nach Aus- und Zusammenbrüchen auch diese Probleme charmant gelöst.
Zickenkriege, folkloristischen Musik, Schlager und Patty Pravos Lied Sogno untermalen diese unterhaltsame Familienoper in sonnigen, wunderschönen Bildern.
Dieser Film über allgegenwärtigen Katholizismus und Machismo führt wochenlang die Liste der kommerziell erfolgreichsten Filme in Berlusconis Italien an!