The King is dead
von Peter Jobst.01.07.2009

Die Verwandlung des Kinderstars zur Ikone der Weltkultur gelingt Michael Jackson mit seinem legendären Moonwalk. Diese erotische Körper-Demonstration wird zu einem Wendpunkt in der Entwicklung des Pop. 

Wie eine Puppe schwebt Michael zwischen Säkularen und Spirituellen Welten. Quincy Jones entwickelt als Mentor mit Stevie Wonder und Paul McCartney den damals neuen Jackson-Sound.

Seine ureigenste Ausdrucksform ist das Musikvideo. Als Monster, Messias und Peter Pan entführt er seine Fans in eine Welt der Zauberer, Werwölfe, Ritter und Retter.

In geschmeidigen Balladen setzt er präzise das Falsett als Vehikel seiner Lebens- und Leidensgeschichte ein. Er wird zum Fabelwesen eigener Märchenwelten.

Das leichte Gleiten gegen alle Regeln der Schwerkraft wird wegweisendend für den Entertainer. Der androgyne Afroamerikaner tanzt in weißem Hemd und schwarzer Hose inmitten von ethnischen Gruppen.

Der Narziss spielt harmoniesüchtig, verzweifelt und animalisch aggressiv mit männlichen und weiblichen Rollen: Er bleibt mit afrikanischen Kulturen und Religionen verbunden. Akrobatik und  Rhythmus geben er dem schwarzen Körper neue Würde.

Seine Erotik ist jenseits des traditionellen Machismo: Er setzt Sexualität (selbst)bewusst in Szene. Während seine Brüder männliche Klischees in synchronen Bewegungen ausdrücken, simuliert der begnadete Pantomime wirklichen Sex.

Private und öffentliche Skandale vernebeln den Blick. Seine Suche nach ewiger Jugend, Verwandlungen und Verwüstungen von Psyche und Seele werden sichtbar. Mit gepudertem Gesicht, geschminkten Lippen und Gospelschreien spielt er auf  schwule Elemente des Pop an.

Der Michael Jackson, der am  25. Juni 2009 stirbt, ist weit entfernt von dem Superstar, der seinen Fans Erlösung verheißt: Skandale, Zusammenbrüche, Vorwürfe und Prozesse wegen Kindesmissbrauchs, Schönheitsoperationen und Drogen  hinterlassen Spuren. Sein schönes Antlitz erstarrt zur grotesken Maske. 

In seiner Performance brechen Stimme und Körper alle Regeln. Der Popstar evoziert einen von sexuellen, rassischen und ethnischen Makeln befreiten Mann. Die Wirklichkeit holt ihn jedoch immer wieder ein.