Marietas Traum.
von Peter Jobst.26.05.2009.

Ein beachtliches, 20 cm langes Glied macht Adolfo, der sich Marieta nennt, zum begehrten wie beneideten Objekt der Begierde am Straßenstrich.

Marieta leidet an Narkolepsie. Sobald sie unter Druck steht, schläft sie ein, um sich, auch zur Freude des Publikums, schönen Träumen einer Karriere als Glamourgirl hinzugeben. 
 
Wie einst Cyd Charisse schwebt sie in phantasievollen Dekorationen und Kostümen über Musical-Bühnen.

Oder sie träumt von einem Prinzen, mit dem sie häusliches Glück teilt. Gerade jetzt scheint ihr das Glück gewogen. Der muskulöse Obsthändler Raúl verliebt sich in sie.

Er liebt alles an ihr, auch ihre 20 Zentimeter. Und das gefällt ihr wiederum gar nicht. Ihr genügt seine prächtig ausgestattete Männlichkeit.

Mit unterschiedlichem Erfolg unternimmt Marieta Ausflüge in die Normalität. Sie arbeitet in einer nächtlichen Putzkolonne in einem Madrider Bahnhof.

Mit anderen Hausbewohnern, meist sympathische Außenseiter wie ihr kleinwüchsiger Mitbewohner Tomás lebt Marieta am Rande der Gesellschaft. 

Das grelle, schrille und schmissige Musical um Sehnsucht, sexuelle Identität und skurrile Fantasien lässt lustvollen Kitsch und Anarchismus in bester schwuler Tradition auf tristen Realismus prallen.

Regisseur Ramón Salazar hat keinerlei Berührungsängste vor expliziten Sex-Szenen. Er zeigt aber auch Gefahren und Brutalität des Straßenstrichs mit aller Deutlichkeit.
 
Rossy de Palmas grandiose Charakterstudie ist eine Hommage an Pedro Almodóvar. Aber auch andere Größen des spanischen Films wie Pilar Bardem haben fulminante Kurzauftritte.

Hinreißenden Tanz- und Musikszenen, für Marieta kleine Fluchten aus einem tristen Alltag, erinnern an Hollywood.

Ramón Salazar inszeniert die ganze Bandbreite einer von schwuler Kultur beeinflussten Musikszene. Mónica Cervera ist als Adolfo/Marieta die absolute Idealbesetzung.