Das Wunder Karajan
von Peter Jobst. 02.04.08
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Herbert von Karajan bewirkt eine Revolution im Musikleben. Lange ist er mit Karl Böhm und Leonard Bernstein das Maß aller Dinge. Sein Tod hinterlässt auch noch 1989 eine Lücke: Freunde wie Gegner verstummen nach Karajans Tod vor seinem Mythos.

Die Fotoausstellung von Erich Lessing in der Leica Galerie in Salzburg hält Posen fest, mit denen der Meister seine privaten Seiten verdeckt. Er unterstreicht sportliches wie lässiges Image mit coolem Outfit. Die Fotos zeigen ihn in Limousinen, schnellen Sportautos oder eigenem Flugzeug, medienwirksam eskortiert von seiner schönen Frau Eliette.

Eine Tagung in der Universitätsbibliothek befasst sich mit seinen Interpretationen. Er führt einfühlsam Kinderstars wie Christoph Eschenbach oder Anne-Sophie Mutter an die Grenzen ihrer Leistung. Künstler, die er schätzt, trägt er auf Händen. Die Fülle des Wohlklangs ist oberstes Gebot. 

Unkonventionell ist er in der Wahl seiner Mitarbeiter, wobei er nur einem engen Kreis vertraut. André von Mattoni nimmt eine zentrale Rolle ein. In seiner Glanzzeit sind Regisseure wie Luchino Visconti oder Giorgio Strehler kongeniale Partner.

Er arbeitet mit schwarzen Diven wie Leontyne Price oder Grace Bumbry, engagiert Anja Silja mit 16 Jahren als Königin der Nacht. Mit Romy Schneider nimmt er Prokofjews Peter und der Wolf auf. Endlos ist die Liste der von ihm entdeckten Sänger: Mirella Freni, Hildegard Behrens, Agnes Baltsa. Gegen den Willen seines Orchesters, den Berliner Philharmonikern, erzwingt er das Probejahr einer Frau, der Klarinettistin Sabine Meyer.

Der Traum von optischer und akustischer Perfektion bleibt unerfüllt. Er leidet in den letzten Jahren an der Langsamkeit des technischen Fortschrittes ebenso wie an dem zunehmenden körperlichen Verfall. Die Sternstunden in Oper und Konzert werden erst nach seinem Tod auf neue Bild- und Tonträger überspielt.

Zur 100. Wiederkehr seines Geburtstags brechen Freunde und Mitarbeiter ihr langes Schweigen. Man entdeckt viele, bislang verborgene Seiten des konservativ wie innovativ agierenden Künstlers, der sich über alle Grenzen hinwegsetzte.